wird 1944 in Posen geboren. Schon im Jahr darauf stirbt der Vater und die Familie zieht nach Detmold, wo er bis 1957 seine ersten Schuljahre absolviert. Danach zieht die Familie ins niederländische Aerdenhout, doch seinen Realschulabschluss macht Borzik wieder in Deutschland. Für eine Weile pendelt er zwischen Deutschland und den Niederlanden. 1963 macht er ein Praktikum in einem graphischen Betrieb in Detmold, danach studiert er Zeichnen und Portrait bei dem niederländischen Maler Poppe de Maar in Haarlem. Von 1963 bis 1966 setzt er seine Ausbildung mit einem Studium der Malerei in Amsterdam und Paris fort, bevor er 1967 an der Essener Folkwang-Hochschule Graphik und Design belegt. Hier lernt er Pina Bausch kennen. Die beiden freunden sich an, leben ab 1970 zusammen. Als Pina Bausch drei Jahre später von Intendant Arno Wüstenhöfer als Tanztheater-Direktorin nach Wuppertal engagiert wird, beginnt er, die Kostüm- und Bühnenbilder zu entwerfen.
Beide sind ein kongeniales Paar. Sie sind sich einig, dass die Stücke keine der damals üblichen Stilisierungen vertragen, sondern nah an der Wirklichkeit angesiedelt werden müssen. Gleichzeitig soll die Ausstattung den Zuschauern poetische Freiräume eröffnen, die Platz lassen für eigene Assoziationen. Wirklichkeitsnähe ist ein Erbe des Ausdruckstanzes, das Pina Bausch durch ihre Ausbildung bei Kurt Jooss an der Folkwang-Hochschule kennen gelernt hat. Nur muss sie für die aktuelle Gegenwart neu definiert werden. Schon bei den ersten Wuppertaler Produktionen, "Fritz" und der Gluck-Oper "Iphigenie auf Tauris" arbeitet Borzik mit und gibt ihnen eine sehr unterschiedliche Gestalt: alltagsnäher in "Fritz", sparsam und auf das Notwendige reduziert für die Gluck-Oper, der mit "Orpheus und Eurydike" 1975 eine weitere Inszenierung folgt. Schon hier wird deutlich, was beide unter Ausstattung verstehen. Die Verknappung der Mittel, die nur zulässt, was wirklich gebraucht wird, will den Blick auf die Intensität der Aktionen lenken. Wie nebenbei erfinden sie ein neues Genre: die Tanzoper, die Tänzer und Sänger gleichberechtigt in die Handlung integriert. Wie ernst es beiden mit einer radikalen Entschlackungskur der eingesetzten Mittel ist, wird spätestens 1975 mit dem ursprünglich dreiteiligen Abend "Frühlingsopfer" deutlich. Ernst und versonnen ist der erste Teil, "Wind von West", humorvoll der folgende, "Der zweite Frühling" betitelte Teil. Durchsichtige Gazevorhänge gliedern Erinnerungsräume, wenige Möbelstücke schaffen einen Bezug zum Alltagsleben. Den Höhepunkt bildet Pina Bauschs Choreographie von Igor Strawinskys "Le Sacre du printemps". Borzik reißt die Bühne bis zu den Brandmauern auf und belegt sie mit einer dicken Torfschicht, die die Schritte der Tänzer schwer macht. Einfache schwarze Hosen tragen die Männer, bei bloßem Oberkörper, die Frauen durchscheinende kurze Hemdkleider. Das Libretto zur Komposition basiert auf einer Legende aus dem heidnischen Russland, die Umsetzung in die Gegenwart ist brachial und von unmittelbarer physischer Präsenz. Die Tänzer deuten nicht an, sie tanzen die pure, lebensbedrohende Not. Das ist anders als alles, was man bislang auf einer Tanzbühne gesehen hat. Der Abend zeigt die beiden Grundrichtungen, in denen Borzik die Ausstattung in den folgenden Jahren weiter entwickeln wird: einerseits im Spiel mit den Elementen der Natur, anderseits mit Referenzen an den Alltag. Borzik ist ein vielseitiger Arbeitspartner, mit dem Pina Bausch auch alle inhaltlichen und dramaturgischen Fragen besprechen kann. Er denkt und phantasiert diese Stücke, die gerade dabei sind, ein neues Genre zu entwickeln, von innen her mit. Das geht über die normalen Aufgaben eines Ausstatters hinaus. In Wuppertal werden Grenzen überschritten, nicht nur die klar definierter Sparten. Es gehört zur Ausgangsidee, dass sich jeder mit der ganzen Person einbringt. Sie gebiert eine neue Idee von Tanz - jenseits der Routine und jenseits des Spezialistentums.
Für den zweiteiligen Brecht/Weill-Abend "Die sieben Todsünden" lässt Borzik 1976 den Abdruck einer Wuppertaler Straße abnehmen und nutzt ihn als Bühnenboden. Die Protagonisten Anna I und Anna II stehen, wie ihre Geschichte erzählt, buchstäblich auf der Straße. Die Tänzer tragen schwarze Anzüge und bunte Sommerkleider, Straßen- und Stöckelschuh. Alles, was geschieht, ist zum Greifen nah. Auch die Männer tragen im zweiten Teil Kleider. So lassen sich Rollenzwänge deutlich machen, ohne auf Travestie-Effekte abzuzielen. Bauschs Version von Bela Bartóks Oper "Herzog Blaubarts Burg" im Jahr darauf spielt in einem überdimensionalen Altbauzimmer, der Boden mit trockenem Laub bestreut, in dem die Aktionen der Tänzer ihre Spuren hinterlassen. Über die Alltagskleidung ziehen sie prächtige Kostüme aus dem Fundus - Zitate einer untergegangenen Welt. Die Kleider sind wie Häute, die man sich überstreift und die doch nicht die essentiellen Nöte verdecken können. Ein beweglicher Tonbandwagen, von dem die Musik gesteuert und repetitiv zerstückelt abgespielt wird, dient als zentrales Objekt. Ganz nebenbei reflektiert das Tanztheater auch das Theater: als Ort der Illusion und als Ort von Vorzeigezwängen. "Komm, tanz mit mir" (1977) zitiert wieder Natur: Totes Geäst und Zweige liegen auf der nach hinten zu einer steilen Rutschbahn aufgeschrägten Bühne, an der sich die Tänzer immer wieder abarbeiten. Am Ende stürzt ein schwerer Baum krachend aus dem Bühnenhimmel. Immer sind es physische Räume, die Borzik für das Tanztheater erfindet, keine dekorativen. Sie verändern die Bewegungen der Tänzer, fordern zu Aktionen heraus. Sie machen Mühe und zugleich erschaffen sie poetische Brechungen. In einer phantastischen Eislandschaft siedelt "Renate wandert aus" aus dem gleichen Jahr, wobei die leichte Kleidung der Tänzer kaum zu dem frostigen Ambiente dieses als "Operette" untertitelten Stücks zu passen scheint. Es sind die Kontraste, die einen stutzen und aufmerken lassen, gezielte Verfremdungen, die auf etwas anderes hinweisen. So wenig sich die Stücke der Pina Bausch noch an die Einheit von Ort und Zeit halten, so frei ist auch die Ausstattung, die Realität in Richtung einer offenen Phantasie zu überschreiten. Die Arbeiten wollen zweierlei: einerseits mit den Alltagsnöten konfrontieren und andererseits Räume für Wünsche, Träume und Hoffnungen bieten.
Radikal ist die Auseinandersetzung mit Shakespeares "Macbeth", die auf Einladung Peter Zadeks 1978 unter dem langen Titel "Er nimmt sie an der Hand und führt sie in das Schloss, die andern folgen" in Bochum zur Uraufführung kommt. Wieder zeigt die Bühne ein Altbauzimmer, diesmal jedoch mit lädiertem, ausrangierten Mobiliar bevölkert. Der Raum wirkt wie ein chaotisches Spielzimmer, in dem die Verflechtung von Macht und Schuld thematisiert wird - jeder heroischen Attitüde beraubt. Nach vorne ist der Bühnenboden abgesenkt, aus einem Gartenschlauch rinnt die ganze Vorstellung über Wasser - wie eine Metapher der vergehenden, endlichen Zeit. In die gefüllte Senke kann man sich werfen, als ließe sich die Schuld abwaschen, als schwämme man um sein Leben. Die Mittel erscheinen einfach und haben doch ihre eigene Raffinesse, überzeugend, weil sie eng mit dem Inhalt verknüpft sind. Noch im gleichen Jahr kommen zwei weitere Stück in Wuppertal heraus. "Café Müller", das später meist zusammen mit "Sacre" gespielt wird, ist ein sehr persönliches Statement. Pina Bausch und Rolf Borzik treten beide im Stück auf. Während Pina in dem großen, mit runden Tischen und alten Stühlen möblierten Caféhaussaal mit geschlossenen Augen schlafwandlerisch tanzt, reißt ihr Lebenspartner ihr im letzten Moment die Möbel aus dem Weg, damit sie sich nicht verletzt. Einer hilft dem andern beim Verwirklichen der Lebensträume, schafft Hindernisse weg. Das hektische, polternde Wegreißen der Möbel steht in scharfem Kontrast zu den melancholischen, sanften Purcell-Arien. In "Kontakthof" bittet das Tanztheater in einem Ballsaal zur Tanzstunde. An den weißen Wänden stehen reihum Stühle, ein altes Klavier; in der Rückwand ist - als Bühne auf der Bühne - eine Leinwand installiert. Es ist wieder ein Erinnerungsraum, in dem Prägungen aus der Kindheit und Sehnsüchte aus der Gegenwart thematisiert werden. Elegant sind diesmal die Kleider; die Akteure haben sich fein gemacht. Nur ihre Nöte kaschieren können sie auch diesmal nicht.
Für "Arien" greift Borzik 1979 die Wasseridee aus dem Macbeth-Projekt noch einmal auf und weitet sie entschieden aus; die bis zu den Brandmauern offene Bühne des Wuppertaler Opernhauses steht komplett knöcheltief unter Wasser. Die Oper ist - im Wortsinn - ins Wasser gefallen. Manchmal hört man nur die Schritte der Tänzer im Wasser, manchmal regnet es. Trotz der vornehmen Abendgarderobe findet das in Aussicht gestellte Fest nicht statt. Die Atmosphäre ist traurig, wie nach einem schweren Verlust. Pina Bausch wünscht sich für dieses Stück ein Nilpferd, das behäbig durch die Szenerie stapft - auf der Suche nach Liebe. Die Tiere - echte oder nachgebildete - werden auch in Zukunft eine Rolle spielen. Sie repräsentieren Natur, aber nicht nur die gleichsam 'äußere', sondern ebenso die innere Natur der Gefühle. In den Stücken des Tanztheaters übernehmen sie immer wieder eine Art stumme Zeugenschaft. Sie scheinen - unberührt von dem Auf und Ab der menschlichen Leidenschaften - in einem Stand beneidenswerter Unschuld zu ruhen. Nichts kann sie offenbar daraus vertreiben. Anders als die Menschen stehen sie der Welt fraglos und damit auch sorglos gegenüber. Im Bewusstsein seiner selbst und der Welt ist der Mensch dagegen von diesem paradiesischen Zustand ausgeschlossen. Die Tiere erinnern ihn daran, dass er das Glück, mit sich und der Welt eins zu sein, erst selbst wieder herstellen muss. Er ist aus dem Paradies vertrieben und - sollte es denn ein solches Glück geben - ist es allein in der Zukunft zu suchen.
Auf "Arien" folgt 1979 nur noch eine Produktion, die Pina Bausch und Rolf Borzik gemeinsam entwickeln können. In "Keuschheitslegende" ist der Boden mit einem Meer bemalt, auf dem die Tänzer in rollbaren Sesseln und Sofas agieren. Es wirkt wie ein 'Meer der Leidenschaften', das die Darsteller in diesem Stück lust- und humorvoll erkunden. Riesige Krokodile bewegen sich zwischen ihnen, als seien Erotik und Sexualität auch gefährlich.
Im Januar 1980 stirbt Rolf Borzik, im Alter von nur 36 Jahren. Doch in den sieben Jahren, in denen er mit Pina Bausch zusammen in Wuppertal gearbeitet hat, ist es ihm gelungen, dem Tanztheater ein unverwechselbares Gesicht zu geben. Er hat Szenenbilder geschaffen, die die Chronologie der Ereignisse in sich aufheben - gegen die Flüchtigkeit und gegen die Vergänglichkeit. Meist haben sich am Ende die Orte des Geschehens verändert, so wie umgekehrt die Tänzer oft Spuren der Materialien an sich tragen. Das Verhältnis der Menschen zu den Dingen wird sichtbar; der Mensch wird in seinen existentiellen Dimensionen von Zeit und Raum sinnlich konkret erfassbar und erfahrbar.
Es sind Räume, die Zeitspuren verzeichnen, keine statischen, unveränderbaren Schauplätze, sondern Räume in Bewegung. Genau verzeichnen sie das tägliche Drama der Existenz. Insofern sind es Räume gegen das Vergessen und Vergehen. Zugleich öffnen sich diese Räume einladend für die Phantasie des Zuschauers, der mit den poetischen Zeichen daran erinnert wird, dass alles möglich ist, auch das, was man noch nicht gesehen und noch nie gedacht hat.
Nach Borziks Tod übernehmen Marion Cito die Kostüme und Peter Pabst das Bühnenbild. Sie verlängern die Projektionslinien dieser ebenso überbordenden wie disziplinierten Phantasie in die Zukunft hinein. Sie schöpfen aus der gleichen Quelle.
Norbert Servos