wird 1944 in Grätz geboren und verbringt seine ersten Lebensjahre in Berlin (Ost). 1954 zieht die Familie um nach Frankfurt/Main. Vor dem Abitur schmeißt er die Schule und beginnt eine Ausbildung zum Damenschneider. Der Berufswunsch lag nicht so fern, denn die Mutter hatte bereits ein Modeatelier, in dem unter anderem Kostüme für die Berliner Theater gefertigt wurde. Sie vermittelt den Sohn zu Elise Topell in Wiesbaden, im Nachkriegsdeutschland einer der Topadressen für Haute Couture. Mit Topell reist Pabst zu den großen Modeschauen nach Paris, wo er die Meister des Faches kennen lernt. Doch seine Ambitionen verlagern sich. Als er die Gelegenheit erhält, nach Bayreuth zu Kostümdirektor Kurt Palm zu gehen, beginnt er, sich mit Kostümbild zu beschäftigen. Palm ist ein Könner von großem Qualitätsbewusstsein; für Peter Pabst eröffnet sich eine neue Welt, in der neben dem handwerklichen Können noch eine andere Kreativität verlangt wird. 1969 bewirbt er sich an die Kölner Werkschulen für ein Studium von Kostüm- und Bühnenbild und wird angenommen. Es sind die studentenbewegten Zeiten und Pabst engagiert sich für die Belange des Studienganges. Dazu gehört u.a. die Neubesetzung des verwaisten Lehrstuhls für Bühnenbild, für den er den Schweizer Max Bignens gewinnt. Pabst bezeichnet ihn als "absoluten Könner" und "wunderbaren Lehrer". Doch wieder beendet er seine Ausbildung nicht, sondern wandert ab in die Praxis. Von Bignens erhält er den Hinweis, sich beim Bochumer Intendanten Peter Zadek vorzustellen. Die Begegnung der beiden begründet eine lebenslange Freundschaft und Arbeitsbeziehung. Von 1973 bis 1979 gehört er zu den festen Mitarbeitern am Bochumer Theater. Für Zadek entwickelt er die Kostüme für dessen Inszenierungen von "Professor Unrat" und "Hedda Gabler", dazu außerdem die Bühne für "Othello", "Frühlingserwachen" und "Hamlet". Zwar hat der junge Bühnen- und Kostümbildner das Gefühl, er begehe jeden erdenklichen Fehler, doch seine Arbeit wird schnell und äußerst positiv wahrgenommen. An 1979 arbeitet er freiberuflich im In- und Ausland. Pabst ist vielseitig interessiert und wird zu einem der ersten Grenzüberschreiter. Noch ist es nicht üblich, dass jemand in seinem Metier für die verschiedenen Sparten arbeitet. Peter Pabst gestaltet die Ausstattung für Schauspiel, Oper und Film - und trifft dabei auf die Creme der Regie, unter ihnen Hans Neuenfells, Luc Bondy, Johannes Schaaf, Peter Eschberg, Tankred Dorst, Peter Löscher, Jerôme Savary, Klaus Maria Brandauer, István Szábo, Jürgen Flimm, Robert Carsen, Andrei Serban und Chen Shi-Zheng. Gerade die Filmarbeit empfindet er als gute Schulung der Disziplin. Pabst, der sich selbst eher für faul hält, ist tatsächlich enorm fleißig. Im Laufe der Jahre bringt er es auf über 120 Inszenierungen und entwickelt noch drei Ausstellungen über seine Arbeit.
Eher unverhofft kommt als weitere Sparte der Tanz dazu. Schon während Pina Bauschs Bochumer Gastinszenierung des Macbeth-Projekts "Er nimmt sie an der Hand und führt sie in das Schloss, die andern folgen" lernt er 1978 die Wuppertaler Choreographin und ihren Bühnen- und Kostümbildner Rolf Borzik kennen. Man trifft sich in der Kantine und freundet sich an. Zwei Jahre später stirbt Borzik und Pina Bausch bittet Peter Pabst, das Bühnenbild für "1980" zu übernehmen. Er ist unsicher, bringt es aber nicht fertig, Pina Bausch, die mit Borzik gerade auch ihren Lebenspartner verloren hat, abzusagen. Die Arbeit mit Peter Zadek hat ihn auf die Aufgaben beim Tanztheater gut vorbereitet. Denn wie Pina Bausch versteht auch Zadek eine Inszenierung als Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Pabst hat gelernt, mit dem Zweifel zu leben und das Nichtwissen auszuhalten. Gerade diese Fähigkeiten werden in der Wuppertaler Arbeit immer wieder auf die Probe gestellt, denn am Anfang eines Probenprozesses gibt es noch nichts, allenfalls eine Idee, ein Thema. Über lange Zeit bleibt offen, in welchem Raum ein Stück angesiedelt werden kann. Solange muss man suchen. Pabst entwickelt für eine Produktion bis zu sechs verschiedene Bühnenbilder. Die Anforderungen sind vielfältig. Tanztheaterräume sind physische Räume. Sie müssen tanzbar sein, dürfen den Tänzern aber auch einen Materialwiderstand bieten: durch Erde, Wasser, Steine einer umgestürzten Mauer, ein Feld voller Nelken. Sie sollen reduziert sein auf das Notwendige, zugleich aber eine gewisse Poesie entfalten. In einem sind sich Choreographin und Bühnenbildner einig: Sie sind beide keine Anhänger des bloß Dekorativen. Für jedes Stück soll der Raum eine eigene Funktion haben - und er soll sich nach Möglichkeit verwandeln können. Eine der Standardreaktionen von Pina Bausch auf einen Bühnenentwurf ist: "Und was kann das noch?" Verwandlungen können in unterschiedlichster Form auftreten: dramatisch wie in "Palermo Palermo", wo eine hohe Mauer mit Donnerschlag zu Beginn des Stückes umstürzt und ein Trümmerfeld ganzer und halb geborstener Steine entstehen lässt. In "Ein Trauerspiel" ergießt sich ein tonnenschwerer Wasserfall aus dem Bühnenhimmel, später schießt eine meterhohe Feuerfontäne aus dem Wasser neben der riesigen schwimmenden Insel im Zentrum. Peter Pabst liebt die technischen Herausforderungen, die solche Ideen an ihn stellen, und tüftelt so lange, bis auch eine konstruktive Lösung gefunden ist. Akribisch überprüft er die Sicherheit der Konstruktion und verwendeten Materialien, damit die Tänzer nicht gefährdet werden.
Verwandlung kann aber ebenso unmerklich geschehen, wie etwa in "Nefés". Hier ist der Bühnenboden mit dunklem Holz ausgelegt, das sich in der Mitte zu einer Mulde formt. Ganz allmählich füllt sich die Senke mit Wasser, das ebenso unmerklich wieder verschwindet. In "Vollmond" strömt das Wasser in einem Graben, ohne dass man die Strömung wahrnehmen kann. Erst wenn ein Tänzer auf einer Luftmatratze vorüber treibt, ahnt man, welche Naturgesetze hier am Werk sind. Immer wieder regnet es im Stück - vom feinen Niesel- bis zum schweren Landregen. Wie von Geisterhand bewegt öffnen und schließen sich im letzten, titellos gebliebenen Stück, Risse im Boden, als drohe den Tänzern im Wortsinn der Boden unter den Füßen wegzubrechen. Es sind diese Feinheiten, die Vielfalt der Verwandlungsmöglichkeiten, die den Bühnenbildern ihre Finesse verleihen und dafür sorgen, dass sich im Theater zaubrische Momente einstellen.
Wie Pina Bausch in ihren Stücken vermeidet Peter Pabst die eindeutigen Festlegungen. Nur so, im Zwischenreich der Andeutungen und Hinweise, bleibt Raum für den Zuschauer, die angerissenen Themen mit eigener Phantasie zu füllen und in unterschiedlichster Richtung zu interpretieren. Sinnlich sollen diese Räume sein, denn die Sinnlichkeit verändert die Präsenz der Tänzer und die Wahrnehmung des Zuschauers. So erstaunt es nicht, dass immer wieder Natur als Material oder Thema zum Einsatz kommt. Natur als Gegensatz zum Kunstraum Theater entfaltet eine eigenartige Irritation und schöne Verfremdung. Ein Nelkenfeld im Freien ist nichts weiter als ein Nelkenfeld. Ein Nelkenfeld auf der Opernbühne, und seien es künstliche, ist ein Ort zum Träumen. Wenn am Ende der Vorstellung die Blumen platt getreten sind, haben sich die Spuren der Ereignisse eingeprägt. Auch das ist ein häufig wiederkehrendes Thema. Wie auch umgekehrt die Räume die Darsteller verändern, deren Kleider nass werden und die Körper durchscheinen lassen, deren Aktionen sich abarbeiten an den Mühen von Wasser, Erde, Stein. Es ist die Materialität dieser Räume, die sie anfassbar und für den Zuschauer erlebbar macht. Das schafft auch den Aktionen noch einmal eine andere Authentizität. Was man sieht, ist echt, nicht behauptet: die Erschöpfung in der Auseinandersetzung mit dem Material ebenso wie das Risiko.
Peter Pabst hat das erforderliche Gespür für solche Anforderungen, die über die normalen Fragen einer Ausstattung hinaus gehen und er besitzt die nötige Geduld, die man aufbringen muss, um stimmige Lösungen zu finden. Geduld und Kunst gehören für ihn zusammen. Geduld, um zu warten, bis man gemeinsam etwas Essentielles gefunden hat. Geduld aber auch mit sich selbst, um sich nicht Dinge abzuverlangen, die (noch) nicht möglich sind. Diese Geduld verlangen die Stücke und Räume im Tanztheater auch vom Zuschauer. Sie wirken erst dann, wenn man sich auf sie einlässt, wenn man sich die Zeit nimmt, eine wirkliche Erfahrung zu machen, Irritationen auszuhalten, Aufschwünge und Abstürze zu erleben und - vielleicht - am Ende genauso erschöpft und glücklich herauszukommen wie die Darsteller selbst.
Peter Pabst hat über 29 Jahre Spiel-Räume für das Tanztheater Wuppertal entworfen und umgesetzt. Es ist eine der ungewöhnlichsten und langfristigsten Zusammenarbeiten, die das Theater kennt. Befragt, was ihn all die Jahre, trotz zwischenzeitlicher "Höllentäler" der Ungewissheit gehalten hat, nennt er vor allem die Fähigkeit, sich immer wieder gegenseitig zu überraschen und gemeinsam die jeweilige Verletzlichkeit auszuhalten, ohne dem anderen die eigenen Lasten aufzubürden. Man kann dies auch eine Haltung tiefen Respekts nennen, eines Respekts, den auch die Stücke des Tanztheaters reklamieren - für jeden Menschen.
Peter Pabst wurde 1991 mit der Josef Kainz-Medaille der Stadt Wien ausgezeichnet und trägt seit 1992 den Titel eines Chévalier des Arts et de Lettre. Inzwischen ist er, der sich eine Professur nie vorstellen konnte, auch international als Lehrer tätig - und genießt es.
Norbert Servos