20 danseurs pour le XXe siècle präsentiert ein lebendiges Archiv. Zwanzig Tänzerinnen und Tänzer interpretieren neu berühmte, bejubelte oder vergessene Soli moderner oder postmoderner Künstlerinnen und Künstler aus dem vergangenen Jahrhundert bis heute, eignen sie sich an, übertragen, erklären und performen sie erneut. Jeder Interpret präsentiert somit sein eigenes Museum: Der Körper ist der ultimative Raum für ein Museum des Tanzes. Dieses Projekt ist mehr als ein Erbe, es geht um eine Art Archäologie: Es versucht, Gesten aus der Vergangenheit zu extrahieren, die von den Tänzerinnen und Tänzern in der Gegenwart restauriert und neu interpretiert werden. 20 danseurs pour le XXe siècle bietet eine ungeordnete Annäherung an die Geschichte: Die Tänzerinnen und Tänzer führen ihre Aufgaben aus und machen gleichzeitig das, worauf sie gerade Lust haben, zum Beispiel erfinden, zeichnen, produzieren, aus dem Gedächtnis und ausgehend von ihrer Kenntnis historischer Solostücke, ihren eigenen Bewegungsgewohnheiten, ihrem Zustand usw. Es handelt sich um eine Suche, ein Nachforschen, eine museologische Annäherung an ein neues Genre.
Die an diesem Projekt beteiligten Tänzer:innen, Performer:innen und Schauspieler:innen können die von ihnen gewünschten Solowerke frei wählen, um sie in Erinnerung zu rufen, weiterzugeben, zu diskutieren, neu zu gestalten, zu reproduzieren und sie sich erneut anzueignen. Sie können die Form einer freien Neuaneignung oder einer respektvollen Hommage haben. Es gibt keine Bühne, da das Projekt auf der Mobilität und der Fluidität der Tänzerinnen und Tänzer basiert: kein festes Programm, kein vorgesehener Zeitplan. Keiner weiß genau, wann und wo er was präsentieren wird. Doch alle sollen umherschlendern, sich austauschen, kommentieren.
Konzeptionelle Notiz, Boris Charmatz
2020 ging Boris Charmatz bei den Aufführungen im Théâtre du Châtelet über die Grenzen des 20. Jahrhunderts hinaus bis in unsere Gegenwart und fügte zu dieser Geschichte in Bewegung ein weiteres Kapitel hinzu: 20 danseurs pour le XXe siècle et plus encore... 20 Tänzerinnen und Tänzer für das 20. Jahrhundert und darüber hinaus.