Zweiköpfiges Solo
Diese fröhliche und nostalgische Choreografie für einen Tänzer und eine Skulptur von Toni Grand ruft einzelne „Tanzzustände“ in Erinnerung: Antagonistische Wünsche eines Interpreten und zerrissene körperliche Absichten werden übergangslos vorgestellt.
Konzeption: Es herrscht Totenstille und das Licht ist so einfach zu bedienen, dass ein Schalter ausreicht. Ein Mann steht ganz allein neben einer unbeweglichen, schweren Struktur, wundervolle Akkorde, volle und miteinander vermischte Klänge, die vereinzelt herabfallen, und drei Kostüme.
Es gibt viele sehr persönliche, sehr komplexe, sehr reiche, verrückte und absolut unübertragbare Gesten, die ohne große Übergänge aufeinanderfolgen. Darüber hinaus kommt die Handlung unseres kleinen Stücks den Grundbegriffen der Geschichte des modernen Tanzes nahe, und dies in drei Teilen:
Teil: Zuspitzung, Pathos, Engagement
Teil: Abstraktion, Distanzierung, Beherrschung, Beruhigung
Teil: Freude, Begeisterung, Erinnerung an die Pariser Feste.
(Als ob man mit diesen drei Aspekten alle Varianten des „Tanzzustandes“ durchlaufen könnte. Von der Galle ausgehen, das Kleinhirn streifen und zum Herzen zurückkehren, von unserer Bühne mit ausgestreckten Fingern an das Universelle rühren.)
Die Gespenster für einen Augenblick zurückholen, an die Toten denken, und diese Disparaten denen widmen, die von uns gehen. Das wäre sehr ernst und sehr kühn.
Als wir an Les Disparates arbeiteten, wollten wir neben so interessanten Kooperationen zwischen bildenden Künstlern und Choreografen wie Factory (von Hervé Robbe und seinen Interpreten mit Richard Deacon) oder Projet de la Matière (von Odile Duboc mit Marie-Josée Pillet) bestehen.
Les Disparates sind nicht das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit Toni Grand, sondern die Auswahl eines Werkes des Künstlers, um dieses Werk selbst auf die Bühne zu bringen. Wir suchten einen unbeweglichen Kontrapunkt zu unseren heftigen Bewegungen: Die Skulptur stellte für uns ein unspektakuläres ästhetisches, in sich geschlossenes, nicht artikuliertes, nicht manipulierbares, a priori nicht bewegbares, schweres Objekt dar, ohne dass man sich seiner 700 kg überhaupt gewahr wurde.
Anstatt einen Tanz zu kreieren, der dieser plastischen Präsenz eine Funktion überträgt, begnügten wir uns mit einer zweifachen Präsenz: die Präsenz eines tanzenden Körpers, der sich verändert, zusehends altert und in seinen disparaten tänzerischen Entscheidungen unaufhörlich in Bewegung ist, und die Präsenz eines Objekts, das für niemanden bestimmt ist, auch wenn es für seine eigenen Produktionsbedingungen die Aufmerksamkeit auf ein Darüberhinaus richtet.
Boris Charmatz und Dimitri Chamblas
César Vayssié hat einen Film ausgehend von der Performance Les Disparates gedreht. Mehr Informationen hier.