Konzeption
herses (une lente introduction) soll vor allem ein Stück der Kontaktaufnahme sein und de facto die direkte, ironische oder reaktive Konfrontation mit bestimmten Utopien zum Ausdruck bringen:
die Utopie von der Natur, von einem befreiten und in ein grünes Areal entlassenen Körpers, der von den sogenannten essenziellen Kräften, den Bäumen und Blumen, erfasst wird,
die Utopie vom Paarsein, vom Aufbau des Einen durch den Anderen (und die Fortdauer des Begehrens), ein irritierendes und archetypisches choreografisches Bild,
die Utopie von der Gemeinschaft, von miteinander geteilten oder ineinander verschlungenen Körpern, von unmöglichen und anstößigen Kontakten.
Aus diesen drei „Utopien der Vereinigung“ und einigen ihrer Begleiterscheinungen (das Zurücktreten des Individuums zugunsten der Natur, der Vereinigung oder des gemeinschaftlichen Ideals; der Traum von der absoluten und überwältigenden Begegnung, das Streben nach Zusammenhalt, Abenteuer und Gemeinsamkeit!) entsteht ein Stück für zwei Tanzpaare, das kontrastreiche Reaktionen enthält, von Sarkasmus bis Faszination, und sich äußerst nah an gefährliche Klippen heranwagt: in die Nähe des Parodistischen, des Schreibens als Zweck, des Pornografischen. Über den Umweg einer zeitversetzten Konfrontation mit bestimmten Arbeiten von Helmut Lachenmann zeichnet sich so der ewige Mythos der Verbindung von Tanz und Musik in filigraner Eleganz ab.
Über die Musik
herses (une lente introduction) greift auf Werke von Helmut Lachenmann zurück, insbesondere auf bestimmte Stücke aus der Zeit seiner sogenannten musique concrète instrumentale.
Wir möchten den Versuch unserer Annäherung an den musikalischen Bereich darstellen, der das gesamte Projekt unter die Federführung dieses Komponisten stellt und gleichzeitig eine Spannung zwischen Musik und Tanz aufbaut, die die unmögliche Verschmelzung der bereits in die Geschichte eingegangenen Kompositionen und unserer im Entstehen begriffenen Arbeit veranschaulicht.
Als Antwort auf die Fragen, die sich uns beim Anhören dieser Werke aufdrängen, und um dieses musikalische und reflexive Material auf unsere Weise zu betrachten, stellen wir uns einen Raum der Reibung vor: zwischen Tanz und Musik einerseits und zwischen aufgezeichneten, live interpretierten oder wieder aufgegriffenen Werken andererseits.
Die Verwendung der Musikstücke ist daher zum Teil ikonoklastisch. Es existiert eine Störzone, die ihre Rechtfertigung in der live-Interpretation von Pression für Violoncello solo und der Übertragung von Air für großes Orchester und Solo-Schlagzeug findet. Dieser Versuch der Annäherung soll von der Anspannung bis zur lebendigen Interpretation einen Weg hin zur Musik bahnen.
Koproduktion: Le Quartz / Centre National Dramatique et Chorégraphique de Brest (Création-résidence), Festival d’Automne à Paris, Centre Chorégraphique National de Grenoble, Festival International Montpellier Danse, Dieppe Scène Nationale.
Mit Unterstützung von Springdance Festival/Utrecht/Niederlande und des Centre national de la danse à Pantin. Autorenpreis des Generalrats von Seine Saint-Denis, Frankreich (Rencontres chorégraphiques internationales 1996).
Mit Dank an: Le Fourneau-Brest, Centre de Développement Chorégraphique/Toulouse, Association pour la Danse Contemporaine/Genève, Cargo/Grenoble, Festival Artdanse Bourgogne, Le Centre Chorégraphique National du Havre Haute-Normandie für die Produktion des Films. Une lente introduction nach dem Stück herses, une lente introduction (vorgesehene Aufführung 2007).