Für die Dauer eines Abends ist das Programm von Gala variabel und wandlungsfähig. Improvisierte Soli, Auszüge aus Stücken und Filmprojektionen lösen einander ab und zeigen eine der Facetten der Arbeit des Tänzers und Choreografen Boris Charmatz.
Ein Programmbeispiel – 5. Dezember 2007 – Le Quai, Angers:
Duo, Auszug aus Con Forts Fleuve (16 Minuten)
Choreografie: Boris Charmatz
Interpretation: Christophe Ives und Boris Charmatz
Vor dem Stück arbeiteten Dimitri Chamblas und Boris Charmatz 1997 an einem Tanz, der Ausdruck ihrer erneuten Zusammenarbeit nach ihrem ersten Duo À bras-le-corps war. Sie verwendeten eine alte Tischdecke, die sie verknoteten, um sich so auf einfache Weise, effizient und unwiderruflich aneinander zu binden. Danach diente dieses Duo als Matrix für den Tanz in Con Forts Fleuve, obwohl er nicht als solcher in Erscheinung tritt: Das Stück teilt sich in acht Sequenzen auf, wird unentwegt durch Lichtsperren unterbrochen, durch die abgehackten Wörter von John Giorno gestört, mit den umherirrenden Körpern der anderen Protagonisten vermischt.
Gezeigt wird dieses Duo vor der Transformation in seiner einfachsten Version: Es bleiben nur die Originalkostüme des Stücks und das Wesentliche dieses im „Erstickungsmodus“ ausgeführten Tanzes, mit einer Hose auf dem Kopf, deren Beine um den Hals geschlungen sind.
boléro 2 Duo, Auszug aus: trois boléros (20 Minuten, 1996) Konzeption: Odile Duboc und Françoise Michel Choreografie: Odile Duboc Interpretation: Emmanuelle Huynh und Boris Charmatz Musik: Maurice Ravel Interpretiert vom Orchestra Sinfonica di Milano Della RAI unter der Leitung von Sergiu Celibidache.
„Die beiden Tänzer reiben sich zu der Version von Celibidache mit geschlossenen Augen aneinander. [...] Odile Duboc hat es verstanden, sich im Laufe der Zeit eine Art organische Musikalität anzueignen, die sich angstfrei mit einer so bekannten Partitur wie der von Ravel auseinandersetzt. Die Körperatmung des Tanzes zirkuliert unter Vermeidung des Klischees in der Interpretation dieses Werkes wie ein sich langsam aufladendes elektrisches Fluidum. [...]“
J. M. Adolphe
„Dieses auf einen Punkt der Bühne konzentrierte Duo lässt sich von der Musik einhüllen, ohne sich ihr ganz hinzugeben. Es modelliert in aller Ruhe eine gemeinsame Materie aus Verzicht und Sanftheit, aus Anziehung, Begehren, Verschmelzen und Sichlosreißen.“
Odile Duboc
„Es ist ein Duo, das zwischen sanfter Berührung und Eindringen ins Fleisch schwankt. Die Reise besteht darin, in die Materie einzudringen.“
Emmanuelle Huynh
Duo du Faune et de la Grande Nymphe Auszug aus L’Après-midi d’un faune Musik: Prélude à l’Après-midi d’un faune von Claude Debussy
Nach Vaslav Nijinsky (1889–1950) Interpretation: Boris Charmatz, Emmanuelle Huynh L’Après-midi d’un faune wurde am 29. Mai 1912 im Théâtre du Châtelet in Paris uraufgeführt. Das Duo wurde von Quatuor Knust nach der Partitur von Nijinsky an Boris Charmatz übertragen.
„[...] Die drei im Saal 900 präsentierten Duos waren alle von betörender Schönheit. Schon bekannt, aber immer wieder bewundernswert boléro 2, Auszug aus trois boléros von Odile Duboc, in dem Emmanuelle Huynh und Boris Charmatz sich buchstäblich in dem Hin- und Herfließen der Partitur aufzulösen schienen. [...] Das gleiche Gefühl einer grazilen Kraft entstand zwischen Boris Charmatz und Christophe Ives in dem aus Con Forts Fleuve entnommenen Auszug, einer Kreation von Boris Charmatz. [...] Das Duo du Faune et de la Grande Nymphe, Auszug aus Nijinskys L’Après-midi d’un faune [...] beendete diese schönen Tanzmomente.“
Ouest France, 7. Dezember 2007