Eine nächtliche Performance für den urbanen Raum.
Ein Ort im Freien, nahe der Straßen und Lichter der Stadt, sechs Tänzerinnen und Tänzer, wenig Aufwand. Ein halluzinierter Tanz mit dem Blick auf Körper, die sich ungebremst berühren, während ihre Münder verbale Improvisationen und eine Art Beatboxing ohne Beat von sich geben. Schnell gesprochene Meditationen über die politische Kunst der Karikatur, über Humor und über Gefahr, die Zeit des Zeichnens verglichen mit der Zeit des Tanzens. danse de nuit findet auf einem Parkplatz oder in einem Innenhof statt, auf einem Stück vernachlässigten Asphalts oder in einer städtischen Ruine. Wir tanzen, ob es regnet, stürmt oder schneit. Eine Art Extremtanz für ein Publikum von Zaungästen.
„Was machen diese Tänzerinnen und Tänzer denn da draußen, auf dem Beton, mitten im Lärm der Stadt? Sollten sie nicht besser auf der Bühne stehen, in einem Theater, vor Wind, Regen und Kälte geschützt? Und was ist das überhaupt, ein ‚danse de nuit‘ (Nachttanz): eine Party, eine Prozession, eine Demo, ein nächtlicher Kampf? Ist es eine nächtliche Streife, ein Tanz im Verborgenen, der das Licht scheut? Ist es das Gegenteil eines Tagtanzes: ein versteckter, geheimer Tanz, eine Ausnahmezone? Nach der Trilogie, die die drei großen choreografischen Strukturen Levée des conflits, enfant und manger mit ihren sich überlagernden Aktionsschichten und Zwängen umfasst, kehrt Boris Charmatz zu einer dichteren Formation zurück: ein Kondensat aus Tanz, Worten und Bewegungen, dessen Intensität jener der urbanen Tänze entlehnt ist und gleichzeitig deren Codes aufhebt. In Fortsetzung seiner Recherchen zur Verbindung von Bewegung und Stimme schließt er dieses Mal diese sprechenden Körper an einen Verstärker an, der mit der Außenwelt direkt verbunden ist.
danse de nuit, eine Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern, die an der Grenze des öffentlichen Raums agieren und versuchen, dessen Grenzen auszutesten und die ihn prägenden Widersprüche wiederzugeben. Als Gruppe oder einzeln möchten sie etwas von unserer Situation ausdrücken und in den Körpern einen „Dringlichkeitszustand“ herstellen: Dringlichkeit, um Intensitäten und Aussagefetzen zirkulieren zu lassen, auf die Gefahr hin, verfälscht oder missverstanden zu werden. Dringlichkeit, diesen von der Staatsräson konfiszierten Raum wieder zu besetzen. Zwischen Agon und Agonie, widersprüchlicher Wortmeldung und Trauerrede, wildem Remix und vergänglichem Tanz liest sich danse de nuit schließlich wie eine hastig hingekritzelte Zeichnung, ein nicht zu Ende geführtes Graffiti auf einer Mauer, dessen Slogan stetig durch die Nacht hallt.“
Gilles Amalvi, Programm In des Festival d’Automne à Paris
Dieses Stück richtet sich an ein informiertes Publikum.
Koproduktion: Théâtre National de Bretagne-Rennes, Théâtre de la Ville / Festival d’Automne à Paris, La Bâtie-Festival de Genève, Holland Festival-Amsterdam, Kampnagel-Hamburg, Sadler’s Wells London, Taipei Performing Arts Center, Onassis Cultural Centre – Athen
Mit Dank an: Le Triangle-cité de la danse, Rosas, WIELS Centre d’Art Contemporain (Brüssel), Arnaud Godest, Perig Menez
Mit freundlicher Genehmigung von Tim Etchells für die Verwendung seiner Texte